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Gubbio, unglaublich und verwirrend

“Ein Ort, der einen absolut verblüffenden Effekt produziert und etwas Unglaubliches und Verwirrendes an sich hat“. Der berühmte, deutsche Schriftsteller Hermann Hesse kommentierte so den mittelalterlichen umbrischen Ort Gubbio im Herzen Mittelitaliens.

Entdecken wir, warum.

Die Stadt ist sehr antiken Ursprung, was die „Iguvinischen Tafeln“, die vermutlich aus dem III-I Jahrhundert v. Chr. stammen (sieben, in umbrisch geschriebene Bronzetafeln, die im städt. Museum aufbewahrt werden, ein seltenes, italisches Dokument) und die Überreste eines römischen Theaters (Ende des I Jahrhunderts v. Chr., direkt ausserhalb der Stadtmauer) bezeugen.

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die Überreste eines römischen Theaters (Ende des I Jahrhunderts v. Chr., direkt ausserhalb der Stadtmauer) bezeugen.

Von den antiken Römern zum Mittelalter

Es ist jedoch das Mittelalter, die Epoche des größten Glanzes, die den Bewohnern von Gubbio und seinen Besuchern bis in die heutige Zeit ein besonders stimmungsvolles Stadtbild bewahrt hat.

Obligatorischer Ausgangspunkt der Stadtbesichtigung ist der monumentale Komplex der Piazza Grande (Ende des XV Jahrhunderts), auch Piazza della Signoria genannt, der den Palazzo dei Consoli, imposanter Bau gotischen Stils, der um 1340 vervollständigt wurde und heute Sitz des städt. Museums ist, mit dem nicht zu Ende gebauten Palazzo del Podestà, heute Sitz der Gmeinde, harmonisch miteinander verbindet.

Beide waren derzeit Sitz der zwei zivilen Justizbehörden. Dann gibt es den Palazzo Ducale, der nach der Zeichnung von Francesco di Giorgio Martini und im Auftrag von Federico da Montefeltro erbaut wurde.

Perfekt erhalten ist die imposante Stadtmauer vom Ende des XIII Jahrhunderts mit sechs Stadttoren, in denen man Gemälde, Wappen und antike, hölzerne Türflügel findet.

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Basilika des Heiligen Ubald, Gubbio

Von besonderem Interesse sind die Kirchen, von der Kathedrale der Heiligen Mariano und Giacomo (XIII-XIV Jahrh.) zur Kirche des hlg. Franziskus (XIII Jahrh.) sowie die Loggia dei Tiratori, die im Jahr 1603 auf einem großen Platz am Rande der Stadt von der Zunft der Woll-Weber erbaut wurde, die diese zum Spannen der Wäsche benutzten.

Auch die Umgebung von Gubbio ist sehenswert: der Besucher findet hier die Gola del Bottaccione mit Zeugnissen verschiedener Zeitepochen, wie zum Beispiel ein mittelalterliches Aquädukt, die Einsiedlung S. Ambrogio und die Chiesa della Vittorina (XIII Jahrh.), die an dem Ort gebaut wurde, an dem, der Legende nach, der hlg. Franziskus dem Wolf von Gubbio gegenüber trat.

Ein weiteres Muss ist ein Besuch der Basilika des Heiligen Ubald, die sich beinahe auf dem Gipfel des Monte Ingino befindet und auch mit der Seilbahn zu erreichen ist. Hier wird der gut erhaltene Körper des Schutzpatrons und die Kerzen von Gubbio aufbewahrt.

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Wachskerzenlauf , 15 Mai, alle auf die Piazza grande

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Der Wachskerzenlauf (Festa dei Ceri), im Laufschritt zur Basilica di Sant’Ubaldo

Die Kerzen und der hlg. Ubald sind die Hauptdarsteller im Leben dieser Gemeinschaft.

Den Grund dafür kann man am 15. Mai verstehen: jedes Jahr an diesem Tag werden die Kerzen auf den Schultern in einem wilden Rennen bis zur Basilika des hlg. Ubald auf dem Gipfel des Berges Ingino getragen.

Ein nicht unwichtiges Detail ist, dass es sich bei diesen ‚Kerzen‘ in Wirklichkeit um 3 riesige, über 4 m hohe und ca. 400 kg schwere Holzstrukturen in Form von übereinander gesetzten Prismen handelt. Auf der Spitze jeder dieser ‚Kerzen‘ thronen die Statuen des hlg. Ubald (Schutzpatron der Maurer), des hlg. Georg (Schutzpatron der Kurzwarenhändler und des hlg. Antonius Abate (Schutzpatron der Eseltreiber und der Bauern).

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Der Blick vom Berg Igino

Die antikste Folklore-Veranstaltung Italiens

Der Wachskerzenlauf  ist eine der antiksten, wenn nicht sogar die antikste Folklore-Veranstaltung Italiens und spielt eine grundlegenden Rolle im Leben der Bewohner von Gubbio. Was ihren Ursprung betrifft, so gibt es zwei Vermutungen. Die glaubwürdigste stellt das Fest als eine Geste der Ergebenheit der Bewohner für ihren Bischof Ubaldo Baldassini dar und seit dem 15. Mai 1160, dem Tag vor seinem Tod, ist dies ein fester Termin für das Volk von Gubbio, das einst in mystischer Prozession mit einem Lichtermeer an Wachskerzen von den Straßen der Stadt bis hoch zum Monte Ingino zog (wo seit 1194 der Körper des hlg. Ubald in der gleichnamigen Basilika ruht). Die von den Berufsgilden gespendeten Kerzen, wurden vermutlich mit der Zeit so viele, dass es unmöglich war, sie alle zu transportieren, und so wurden sie gegen Ende des 16. Jahrhunderts durch drei Holzstrukturen ersetzt, die bis heute benutzt werden. Unverändert blieben auch das Datum und der Verlauf der Veranstaltung.

Eine zweite, weniger dokumentierte Vermutung führt uns weitere Jahrhunderte zurück, nach der es sich um ein heidnisches Frühlingsfest handeln soll, das Cerere, die Göttin der Fruchtbarkeit, günstig stimmen sollte.

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15 Mai, alle auf die Piazza grande

Es lohnt sich, den Verlauf des Wachskerzenlaufs zu beschreiben. Start auf der Piazza Grande, um 12.00 Uhr, mit dem spektakulären „Heben“ der Kerzen und ihren drei Runden um den Platz. Nach der „mostra“ entlang der Straßen des Ortes werden sie bis zum Beginn des Rennens in der Via Savelli deponiert. Am Nachmittag führt die Prozession mit der Statue des hlg. Ubald vom Dom bis auf den Gipfel der Via Dante, wo der Bischof die Kerzen segnet, die nun ihr Rennen durch die Hauptstraßen des Ortes beginnen. Zurück auf der Piazza Grande, wird diese weitere drei Male umrundet, und an der Porta dell’Angelo beginnt nun der Aufstieg zum Berg Ingino. Die Kerzen werden in der Basilika deponiert, während die Statuen der drei Schutzpatrone mit Fackeln und Gesängen zurück in die Stadt gebracht werden.


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Wenigstens einmal sollte man dieses Fest erlebt haben – es sind jedoch Respekt und Diskretion geboten, da die Einwohner keine „Eindringlinge“ mögen – um sich der aussergewöhnlich  emotionalen Teilnahme der Bewohner von Gubbio bewusst zu werden. Es ist ein wahres Erlebnis, den Kerzenträgern zuzusehen, wie sie, ungeachtet der Anstrengung und der Gefahr des Strürzens, wie verrückt den Berg hinauf rennen. Denn wenn die Kerzen stürzen, ist es eine Tragödie: die Menschen weinen verzweifelt. Und das Schöne an dem Rennen ist, dass zwischen den drei „Mannschaften“ nicht die  klassische Wettkampfs-Konkurrenz besteht, denn sie laufen eine hinter der anderen ohne Möglichkeit des Überholens: die Erste, die in die Basilika einzieht, wird immer die Kerze des hlg. Ubaldo, Schutzpatron der Stadt, sein.

Verrückt, aber nicht bei Tisch

Vielleicht ist es ein Zufall, aber es liegt nahe, den Wachskerzenlauf mit der Tatsache in Verbindung zu bringen, dass Gubbio auch „die Stadt der Verrückten“ genannt wird. Die Unberechenbarkeit  ihrer Einwohner paart sich mit einer starken Selbstironie: auch der Besucher kann sich, wenn er möchte, als „Verrückter“ abstempeln lassen. Dazu muss er nur 3 Runden um den Bargello-Brunnen machen, der auch „Brunnen der Verrückten“ genannt wird. Anschließend kann er die auf seinen Namen ausgestellte ‚Andenken-Urkunde‘ im Laden neben dem Brunnen erwerben.

Wenn sich jedoch die Bewohner Gubbios an die Speisetafel setzen, werden Überraschungen und Seltsamkeiten beiseite gelegt: die lokale Küche besteht aus sehr antiken Rezepten, einfach und unverfälscht, dank der ortseigenen Zutaten wie Wildfleisch, Feldsalate, Käse, Wurst, Fleisch von Tieren, die auf den Bergalmen weiden, etc.)

Renommiert ist der Baccalà (Stockfisch) alla Ceraiola  (er muss mindestens 2 Tage lang gewässert werden, dann wird er paniert und im Ofen mit Rosmarin, Salz, Pfeffer und Weisswein gebraten). Traditionelles Gericht des 15. Mai, Tag des Wachskerzenlaufs (Festa die Ceri).

Für die, die Fleisch bevorzugen, gibt es den Friccò (Huhn, Ente, Lamm, Kaninchen), der mit Rosmarin, Tomatensoße, Weisswein und Essig gekocht wird. Unbedingt gekostet werden müssen die stringozzi, Nudeln unregelmäßiger Form, ähnlich wie dünne Bandnudeln, die gewöhnlich mit   weissem oder schwarzem Trüffel (wertvolles Erzeugnis des umbrischen Landes) angerichtet werden. Und zu guter Letzt, für den kleinen Hunger, empfehlen wir die Crescia al Panaro, eine Art Fladen, der gefüllt oder zussammen mit Wurstwaren und Käse gegessen werden kann.

Dies ist ein armes Gericht bäuerlichen Ursprungs, das ganz einfach mit Wasser, Mehl und Hefe zubereitet und unter der Asche auf dem sogenannten “panaro”, einer runden, schmiedeeisernen Platte, gebacken wird. Ein köstliches Beispiel an „street food“.

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